punkt
   
 
   
 
   
   
 
       
 
 

>.<

Der Raupentrinität
- ob kriechend, verpuppt oder Imago verwirklicht -
steht es jederzeit frei,
 sich das liebende Flüstern des Schmetterlings
zu Herzen zu nehmen

>.<

Raupenparabel 2
Krass, kurz und bündig

(Meine erste Raupenparabel befindet sich in PrOMesia)

Tief innen wissen wir Raupen, dass wir Schmetterlinge sind.

Aus welchen Gründen auch immer haben wir es jedoch verlernt uns zu verpuppen, oder wir lassen uns daran hindern es zu tun.

Das schmerzt. Wir fühlen uns irgendwie schuldig und minderwertig, fortwährend auf der Suche nach dem Vergessenen, scheinbar Verlorenen.

Um diese negativen Gefühle zu verdrängen, zu kompensieren, sie kurzfristig zu erlösen, erschaffen wir uns auf die vielfältigsten Weisen künstliche Flügel, protzen damit oder senken verschämt bescheiden die Augen ob unserer prachtvollen Prothesen. Wir bewundern andere Plastikfalter, beneiden sie um ihre grossartigen Attrappen, schmälern hämisch - offen oder heimlich - das Ansehen der glänzenden Krücken von fremden Gauklern, streiten wütend oder feilschen verängstigt und kleinlich um die Mangelware Flügel - oder wir fördern grossmütig kompetent den Flügelbau. Kurz, wir unternehmen alles Mögliche, um unseren (Liebes-)Wert als Raupe zu behaupten, zu beweisen, um uns ins soziale Raupengefüge zu integrieren, sei dies nun mehr schlecht als recht oder aber mit Ruhm und Ehren. Denn es darf nicht verschwiegen werden, dass viele Raupen gerade dank diesen schwierigen Herausforderungen in manchen Bereichen ihr Äusserstes geben und sich beispielsweise bewundernswert für ihre leidenden Mitgeschöpfe und deren beschädigte Prothesen aufopfern. Das kann vorübergehend sehr befriedigend sein, doch nur zu oft bleibt das Gefühl einer „endlosen Niederlage“ („interminable défaite, vgl. Albert Camus, La Peste, Gespräch zwischen Tarrou und Rieux).

Wenn wir das Glück haben echten Schmetterlingen zu begegnen, wälzen wir uns womöglich vor ihnen im Schlamm und versuchen noch fanatischer, sie lediglich zu imitieren, anstatt uns von ihnen in-spirieren und ins eigene Schmetterlings-Dasein führen zu lassen. Verzweifelte Eifersucht mag uns sogar dazu treiben, sie auf unser klägliches, jedoch erträgliches Raupen-Mass zu verbiegen, indem wir sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit schlecht machen, um uns selber besser zu fühlen. Indessen, Schmerz, Wut, Schuld- und Unzulänglichkeitsgefühle lauern uns hinter jeder Ecke auf.

Traurige Geschichte.

Doch horch! Im Wind des Wandels rauscht es, hinter jeder Ecke flüstert, singt, schallt und hallt es ebenfalls: D Zyt isch do, d Zyt isch do…. Schmetterlingszeit ! Wacht auf! Erinnert Euch!

RAUPEN ALLER LÄNDER, VERPUPPT EUCH !

>.<

 

 
top

last update: 02.05.2008 | © by susanne raggenbass